Dossier: Anerkennung als Volksgruppe

Jeni­sche leben in Öster­reich und ganz Europa und ver­ste­hen sich als eine trans­na­tio­nale Min­der­heit. Der Euro­päi­sche Jeni­sche Rat spricht von ca. 500.000 Jeni­schen in Europa. 

“Wahr­ge­nom­men wer­den die Jeni­schen stets, wie es dem jewei­li­gen Zeit­geist der sie umge­ben­den Mehr­heits­ge­sell­schaft passt: als „Vogel­freie“ und „Fah­ren­des Volk“ im Mit­tel­al­ter, als „Hei­mat­lose“, „Nicht­sess­hafte“, „Arbeits­scheue“, „Aso­ziale“, „Wider­stän­dige“, „Ver­wahr­loste“, „Min­der­wer­tige“ und „Karr­ner“ im 19. und 20. Jahr­hun­dert, als soziale Rand­gruppe oder „unsicht­bare Eth­nie“ im 21. Jahr­hun­dert.” (Ver­ein zur Aner­ken­nung der Jeni­schen in Öster­reich und Europa)

Heute kämp­fen viele Jeni­sche dafür, dass die Kul­tur und das Leben ihrer Ahnen, deren Wis­sen, Hand­werk und Spra­che vor dem Ver­ges­sen (→ Dos­sier: Ver­ste­cken, Ver­schwei­gen, Assi­mi­lie­ren) bewahrt wird und der Bei­trag der Jeni­schen zur regio­na­len und natio­na­len Geschichte als sol­cher aner­kannt wird. Dazu gehört unbe­dingt auch die Aner­ken­nung der lan­gen Geschichte des Unrechts, das die Ver­fol­gung und Aus­gren­zung Jeni­scher durch ihre sess­haf­ten Mit­men­schen und die Obrig­kei­ten mit sich brachte (→ Dos­sier: Ver­fol­gungs­ge­schichte): “Im kol­lek­ti­ven Bewusst­sein der öster­rei­chi­schen Jeni­schen ist gespei­chert, was der Mehr­heit neu sein dürfte: Dass selbst in der Zwei­ten Repu­blik Dis­kri­mi­nie­rung und Aus­gren­zung von Jeni­schen in Öster­reich fort­ge­setzt wur­den, die Maß­nah­men gegen Jeni­sche und das Unrecht an ihnen poli­zei­lich, gewerb­lich, jus­ti­zi­ell, admi­nis­tra­tiv, medi­zi­nisch, psych­ia­trisch-heil­päd­ago­gisch, für­sor­ge­risch, schu­lisch. Ohne (Schuld)Bewusstsein von Poli­tik, Behör­den, Ämtern, Medi­zin, Wis­sen­schaft und Gesell­schaft, ohne Wie­der­gut­ma­chung oder auch nur einer Ent­schul­di­gung. Die Aner­ken­nung in Öster­reich und in Europa sehen wir als längst fäl­li­gen Schritt zur spä­ten Reha­bi­li­ta­tion der Jeni­schen, ihrer Kul­tur und Geschichte.” (Ver­ein zur Aner­ken­nung der Jeni­schen in Öster­reich und Europa)

Doch es gibt Stol­per­steine: Oft wird das Argu­ment ins Feld geführt, dass man die Jeni­schen zwar als his­to­ri­sches Phä­no­men durch­aus wahr­nehme – deren frü­here semi-noma­di­sche Lebens­weise (→ Dos­sier: Die semi-noma­di­sche Lebens­weise) und  Spra­che (→ Dos­sier: Jenisch als Spra­che) aber nicht dafür aus­rei­che, sie als eine eigene Volks­gruppe zu defi­nie­ren. Wei­ter wird argu­men­tiert, da die Jeni­schen eigent­lich jeweils aus dem eige­nen Volk stam­men und nur „Opfer“ sozio-öko­no­mi­scher Pro­zesse wur­den, die sie zu einem ande­ren Lebens­stil zwan­gen, müsse man sie eigent­lich auch wei­ter­hin als Österreicher:innen, Französ:innen, Deut­sche, usw. begreifen. 

Die Absur­di­tät des gan­zen Pro­zes­ses bringt Heidi Schleich, Akti­vis­tin des Ver­eins zur Aner­ken­nung der Jeni­schen in Öster­reich und Europa auf den Punkt: “Um dis­kri­mi­niert zu wer­den, muss­ten die Jeni­schen nie bewei­sen, dass es sie gibt, um aner­kannt zu wer­den, schon.“

“Bei der offi­zi­el­len Aner­ken­nung der jeni­schen Volks­gruppe sei­tens der Repu­blik Öster­reich geht es vor allem um Imma­te­ri­el­les: Um Wert­schät­zung. Um Respekt. Und um Würde. Um die Resti­tu­tion von Men­schen­würde für diese in Öster­reich stets „ver­ges­sene“ Min­der­heit.”(Ver­ein zur Aner­ken­nung der Jeni­schen in Öster­reich und Europa)

Anerkennung als Volksgruppe

Einst ver­folgt, aber nicht anerkannt

Heidi Schleich spricht über die (Verfolgungs-)Geschichte der Jeni­schen, deren Ver­bun­den­heit zu der Volks­gruppe der Roma und den Grün­den warum es in der Schweiz bereits eine Aner­ken­nung gibt, in Öster­reich aber noch nicht.

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Anerkennung

Marco Buck­ovez: Wurzeln

Marco teilt seine Ansich­ten dar­über, warum es so wich­tig ist, dass die Jeni­schen als Volks­gruppe aner­kannt wer­den. Ein ent­wur­zel­ter Mensch sei ein ver­lo­re­ner Mensch, ein ewig Suchen­der. Die Aner­ken­nung wäre eine Akt der Selbst­fin­dung und zugleich ein Sieg über das

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