Dossier: Jenisch als Sprache

Lauscht man zwei Tiro­ler Jeni­schen, die mit­ein­an­der in ihrer Spra­che spre­chen, dann kann es durch­aus pas­sie­ren, dass man zunächst an sei­nem eige­nen Gehör zwei­felt: Es klingt eigent­lich wie Tiro­le­risch, aber man ver­steht kein Wort – oder hat es zumin­dest in einer sol­chen Form noch nie gehört. 

In ihrer ver­blüf­fen­den und unter­halt­sa­men Krea­ti­vi­tät ist die jeni­sche Spra­che vie­les – aber eben auch die Schutz­maß­nahme einer Min­der­heit, die dem stän­di­gen Arg­wohn und Gene­ral­ver­dacht der Außen­ste­hen­den aus­ge­lie­fert war (→ Dos­sier: Ver­fol­gungs­ge­schichte). Indem sich das Jeni­sche des Voka­bu­lars sei­ner Stamm­spra­che sowie des Rhyth­mus und der Melo­die des Dia­lek­tes sei­ner Sprecher:innen bedient, weckt es in Unein­ge­weih­ten zunächst ein Gefühlt der Ver­traut­heit, ent­puppt sich bei nähe­rem Hin­hö­ren jedoch als unver­ständ­lich (→ Dos­sier: Dis­kre­di­tie­ren der Spra­che als Gau­ner­spra­che).

Die­ses „hiding in plain sight“ ist jedoch nur ein Aspekt der Spra­che: Sie schlägt auch eine Brü­cke zwi­schen den Grup­pen. Jeni­sche kön­nen sich mit Ver­wand­ten aus ent­fern­te­ren Ecken der Welt pro­blem­los unter­hal­ten, auch wenn sie nicht mehr die­selbe Lan­des­spra­che tei­len (→ Dos­sier: Gesell­schafts­struk­tur). 

Spra­che ist nicht zuletzt auch Aus­druck einer Welt­an­schau­ung sowie ein leben­di­ges, sich stets wei­ter­ent­wi­ckeln­des Archiv. Das Jeni­sche ist da keine Aus­nahme: Das Erbe des Viel­ge­reis­ten hat sich auch im Idiom erhal­ten – die Spra­che ent­hält unter ande­rem Ein­flüsse aus dem Roma­ni­schen, dem Jid­di­schen, dem Roma­nes und dem Sinti. 

Dass die krea­tive Wort­spie­le­rei und der eigen­tüm­lich hei­me­lige Wohl­klang des Jeni­schen aber nicht nur sei­nen Sprecher:innen behagte, son­dern auch Unein­ge­weih­ten, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass es so man­ches jeni­sche Wort in den All­tags­sprach­schatz geschafft hat – und sich dort unge­bro­che­ner Beliebt­heit erfreut: Im nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Loos­dorf gilt das Jeni­sche als Jugend­spra­che, die man beson­ders stolz zu spre­chen pflegt und ein Teil der deut­schen Rap-Szene bedient sich für seine Texte an einer Spra­che, deren musik­be­flü­gelte Worte man ganz plötz­lich intui­tiv zu ver­ste­hen glaubt. 

Da bekommt man doch „Kohl­dampf“ auf mehr! 

Jenisch als Sprache

Sinti im Rap. Die Ent­de­ckung der Chabo-Sprache

Vom Titel die­ses Bei­tra­ges darf man sich nicht ver­wir­ren las­sen: Das Jeni­sche ist eine Spra­che, die auf den Zun­gen ihrer Spre­cher weit gereist ist. Und auf eben­die­sen Rei­sen kam sie in regen Kon­takt mit ande­ren Spra­chen, an deren Voka­bu­lar sie

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Jenisch als Sprache

Rein­hold Monz spricht Jenisch

Rein­hold spricht auf Jenisch über sei­nen Tag und über­setzt anschlie­ßend ins Deut­sche. Sein jeni­sches Voka­bu­lar ist Fami­li­en­tra­di­tion – er hat es, wie alle Jeni­schen, von sei­nen Vor­fah­ren geerbt.

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Jenisch als Sprache

Jenisch Tibern

18 Bei­träge zur jeni­schen Spra­che, die von Heidi Schleich ver­fasst wur­den und unter der Rubrik „Jenisch tibern“ („Jenisch spre­chen“) zwi­schen 1999 und 2001 regel­mä­ßig im „20er“ erschie­nen sind.

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