Das Jenische Archiv wurde im Jahr 2021 von der Initiative Minderheiten Tirol in Zusammenarbeit mit Bernhard Schneider initiiert, da der Bedarf an einer zugänglichen Informationsquelle für Jenische und Interessierte auffallend war.
In einem offenen Dialogverfahren sollen unter Einbindung Jenischer, Wissenschaftler*innen, bestehenden archivarischen Institutionen und zivilgesellschaftlicher Organisationen zunächst die grundlegenden Erfassungs- und Bewertungskriterien erarbeitet werden, die den Aufbau des Archivs, die Sichtung des Materials und die Dokumentation vorhandener Bestände in weiterer Folge anleiten. Die frühzeitige Integration des lebenspraktischen Erfahrungswissens künftiger Nutzer*innen und der technisch-abstrakten Expertise der Wissenschaften in den Planungsprozess soll dabei jedoch nicht nur das wechselseitige Bewusstsein für die Perspektiven und Kriterien aller am Projekt beteiligten Personen schärfen, sie lässt das Archiv und dessen Ordnung auch zur Kollektivleistung werden und vermag es auf diese Weise, zur Identifikation der Beteiligten mit dem Projekt als auch dessen Authentizität beizutragen.
Gemäß dieser Systematik sollen im nächsten Schritt die bereits vorhandenen Archivbestände erschlossen und in die Systematik des »Jenischen Archivs« integriert werden. Dies fungiert in weiterer Folge als digitales Findbuch, das für Sichtbarkeit und Auffindbarkeit der Archivalien, die nicht in Original oder Kopie in den eigenen Bestand eingegliedert werden können, sorgen soll. Besonderes Augenmerk liegt hier auf der Rekontextualisierung der Archivalien beziehungsweise der Problematisierung ihres ursprünglichen Erhebungskontextes.
Neben der Funktion der Sichtbarmachung durch ein zentrales Verzeichnis versteht sich das »Jenische Archiv« auch als aktiv zeitgeschichtlich arbeitend. Der Aufbau einer eigenen Sammlung, die Annäherung an das vorhandene Material unter spezifischen thematischen Schwerpunkten sowie die Produktion eigener Archivalien (beispielsweise in der Form von Oral History Projekten) wie auch die inhaltliche Vermittlung sollen die bereits skizzierten Tätigkeitsschwerpunkte ergänzen. Um das Archivgut angemessen zugänglich zu machen und den Bestand langfristig zu erhalten, möchte das »Jenische Archiv« hier den Kontakt zu und die Zusammenarbeit mit bestehenden Institutionen suchen. So kann etwa auf die Expertise der Schweizer Radgenossenschaft der Landstraße zurückgegriffen werden, die seit Jahren ein »Jenisches Archiv« mit Schwerpunkt zur Schweizer Geschichte betreiben. In einem späteren Schritt ist schon jetzt angedacht, mit der Radgenossenschaft einen Archivverbund zu etablieren.
Organisation
Das Jenische Archiv ist ein Projekt der Initiative Minderheiten Tirol und wird von dieser betrieben und umgesetzt.
Jenischer Beirat
In der Arbeit mit Themen, die Minderheiten betreffen, hat Sensibilität höchste Priorität. Das Jenische Archiv ist sich dessen bewusst und orientiert sich an den Fairness-Richtlinien der Radgenossenschaft der Landstrasse.
Dementsprechend wird ein Jenischer Beirat eingerichtet, der das Archiv berät.
Enge Zusammenarbeit (nicht nur) in dieser Hinsicht gibt es mit dem VEREIN ZUR ANERKENNUNG DER JENISCHEN IN ÖSTERREICH UND EUROPA.
Wissenschaftlicher Beirat
Seit vielen Jahren weisen Wissenschafter:innen etwa auf Diskriminierungen von Jenischen hin, bringen besondere historische Fakten auf oder zeichnen Lebensgeschichten von Jenischen auf. Das jenische Archiv würdigt diese Beschäftigung und möchte auf die Expertise nicht verzichten. Nicht zuletzt um Wissen zusammenzutragen und für alle nutzbar zu machen.
Zur Zeit werden Einzelgespräche mit den führenden Wissenschafter:innen geführt, um einen wissenschaftlichen Beirat, der die Arbeit des Archivs begleitet, unterstützt und berät, zu gründen.
Mitarbeiter:innen
Bernhard Oskar Schneider ist studierter Politikwissenschafter und arbeitet gemeinsam mit der Initiative Minderheiten am Aufbau eines »Jenischen Archivs« sowie an der Umsetzung des Projektes »re:framing Jenisch«. Für die Abteilung Südtirol, Europaregion und Außenbeziehungen ist er als Moderator und Koordinator der Filmreihe »Südlicht[t]er – Zehn entwicklungspolitische Filme mit Filmgesprächen« tätig und Mitarbeiter des Projektes »Postsecular Conflicts« am Institut für Soziologie der Universität Innsbruck. Bernhard Schneider ist Koordinator der »Arbeitsmarktstrategie Tirol 2030« bei der amg-tirol und Radiomacher (Ö1 »Betrifft Geschichte«, Freirad »Spielhaltungen«).
Mag. Michael Haupt, Geschäftsführung der Initiative Minderheiten Tirol, Studium der Erziehungswissenschaften in Innsbruck, seit 25 Jahren verschiedene Vorstandstätigkeiten in regionalen Kulturinitiativen. Vorstandsmitglied der TKI – Tiroler Kulturinitiativen. Seit 2018 Mitglied des Kulturbeirats für Kulturinitiativen des Landes Tirol. Langjähriger Mitarbeiter und Redakteur bei FREIRAD, Freies Radio Innsbruck, v.a. zu Kultur (-politischen) Themen. Veröffentlichungen und Ausstellungen als Fotograf. Mitherausgeber von „Fahrend? Um die Ötztaler Alpen. Aspekte jenischer Geschichte in Tirol.“
Pascal Takes studiert Archäologie an der Universität Innsbruck und in der Kinder- und Jugendarbeit tätig. Im Jenischen Archiv kümmert er sich um Recherche und Aufarbeitung der Bestände.
Mag.a Julia Rhomberg, Studium der Geschichte, Kunstgeschichte und Romanistik in Heidelberg, Bologna und Wien. Literarische Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien, Lyrikbände. Für das Jenische Archiv führt sie lebensgeschichtliche Interviews durch.
Kontakt
Jenisches Archiv
c/o Initiative Minderheiten
Zollerstraße 7
6020 Innsbruck
E-Mail: info (at) jenisches-archiv.at
Mobil: +43 (0)650-3308666 (Michael Haupt)